Pressemitteilung der Handwerkskammer vom 23. Juni 2023Bürokratie und Rückzahlungen belasten Betriebe
Hohe Energiepreise, bürokratische Hürden und die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe belasten die Handwerksbetriebe in der Region. Diese Rückmeldung bekamen Ulrich Bopp, Präsident der Handwerkskammer-Heilbronn Franken, und der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Hofmann bei einem Betriebsbesuchstag im Landkreis Heilbronn. Begleitet wurden Sie von den Landtagsabgeordneten Dr. Michael Preusch (CDU) und Klaus Ranger (SPD). Die Spitze der Handwerkskammer besuchte im Juni die Brauerei Stiefvater-Strauss in Gemmingen, die Firma Gold-Kolb in Ittlingen und die Schreinerei Urholz in Eppingen.
Erfolg als Feierabendbrauer
Aus einer Bierlaune heraus haben der Küchenmeister Clemens Stiefvater und Fotograf Gerald Strauß 2016 angefangen, in der Garage Bier zu brauen. Erst für sich, dann für Bekannte und 2018 schenkten die Nachbarn ein Helles auf dem Parkfest in Gemmingen aus – mit überwältigendem Erfolg.
Inzwischen produzieren die gemeldeten Hobbybrauer in einer „Einraumbrauerei“ 6.000 Liter Bier im Jahr. Meist zu zweit. Manchmal helfen Verwandte mit. Gebraut wird mit einem 500 Liter fassenden Gärtank. Nach deutschem Reinheitsgebot stellen die Braukünstler aktuell fünf Biersorten her. Verkauft werden die 0,33er-Flaschen für 1,85 Euro. „Ein Espresso kostet mehr“, sagt Gerald Strauß. „Wir stehen wie die Bäcker und Metzger vor dem Dilemma, wegen hoher Kosten für Handarbeit, Energie und Rohstoffe hochpreisig anbieten zu müssen. Die Kunden bekommen dafür aber hohe Qualität“, so der Fotograf und Werbefachmann.
Modernste Technik für filigrane Arbeit
Goldschmiedemeister Gert Kolb hat 1985 den Verkaufsladen seiner Mutter übernommen, später neu gebaut. „Unsere Kunden kommen aus ganz Deutschland, dank Mundpropaganda auch aus Australien und New York“, sagt Gert Kolb. Sein Betrieb fertigt mit modernster Technik geringe Stückzahlen auf hohem Niveau.
Mit einem 3-D-Drucker entstehen Modelle für Kleinserien. Ein Mikroschweißlaser spart bei der filigranen Arbeit enorm Zeit. Sohn Benjamin Kolb hat bei der Bedienung des Geräts eine hohe Fertigkeit entwickelt. Auch er ist Goldschmiedemeister und führt seit 2018 zusammen mit seinem Vater den Betrieb. Auf die Politik ist die Familie nicht gut zu sprechen. Bürokratische Auflagen rauben viel Zeit, die für die kreative Arbeit fehlt. Derzeit kämpft der Betrieb um die Zulassung von Akkus für die Beleuchtung der Schmuckstücke in den Vitrinen. Die Corona-Soforthilfen sind aus Sicht von Gert und Benjamin Kolb sehr spät gekommen. „Die Rückzahlungen haben den Betrieb hoch belastet“, sagt Gert Kolb.
Edelholzmöbel aus heimischen Hölzern
Mehr Wertschätzung für die Natur ist der Wunsch von Holzkünstler und Waldliebhaber Thomas Kellner. „Wir pflanzen Bäume wegen des Holzes und der Früchte, nicht wegen Brennstoff oder Klopapier“, sagt der Inhaber der Holzkunstwerkstatt Urholz in Eppingen. Im „verrückten“ Holzlager des Betriebes lagern über 40 heimische Holzarten - von der Elsbeere über Speierling, Mehlbeere, Rosskastanie oder Birke bis hin zur Flatterulme. Die Samen der Bäume übergibt er an Baumschulen, die auf Nachzucht spezialisiert sind.
Mit fünf Mitarbeitern und einer Auszubildenden fertigt der Handwerksbetrieb Massivholzmöbel. Personell hat der Betrieb keine Probleme. „Seit über 20 Jahren haben wir die Vier-Tage-Woche und arbeiten im Wechsel“, sagt Thomas Kellner. Während Corona hat der Betrieb auf Halde produzieren müssen. Die Rückzahlung der Soforthilfe belastet den Betrieb schwer. „Zwei volle Monatsumsätze sind wir im Rückstand “, so Kellner.
Für Handwerksbetriebe fordert er den gleichen Strompreis wie für die Großindustrie. Anstelle einer Abgabe für Kohlenstoffdioxid (CO2) plädiert er für die Einführung eines Umweltgroschens, der über die reine CO2-Problematik hinaus in umfangreiche ökologische Projekte investieren würde.