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Helmut Müller

Pressemitteilung der Handwerkskammer vom 19. September 2023Die Spitze der Handwerkskammer besucht drei Betriebe im Main-Tauber-Kreis

Der Austausch mit den Handwerksbetrieben vor Ort ist Handwerkskammer-Präsident Ulrich Bopp und Hauptgeschäftsführer Ralf Schnörr ein besonderes Anliegen. Deshalb besucht die Kammerspitze regelmäßig Handwerker in der gesamten Region. Kürzlich waren Bopp und Schnörr im Main-Tauber-Kreis unterwegs und besuchten die Handwerksbetriebe Baumann Friseur & Shop und Zeitwerk-Design in Tauberbischofsheim sowie Kotherm Bad und Heizung in Lauda-Königshofen. Begleitet wurden sie von MdB Nina Warken (CDU) und Andreas Kolban, Unternehmensberater der Handwerkskammer für den Main-Tauber-Kreis.

Bürokratie belastet

Friseurmeister Volker Baumann nimmt gegenüber der Kammerspitze kein Blatt vor den Mund. Für ihn sei eine qualifizierte Ausbildung die Voraussetzung, einen Betrieb zu führen. Kritisch hinterfragt er deshalb die Ausnahmeregelungen und die Altgesellenregelung. Hier wünscht er sich, dass die Kammer genauer hinschaue. „Mit Ausnahme- und Sonderregelungen gehen wir von der Kammer so restriktiv wie möglich um. Die Antragsteller müssen meisterähnliche Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen“, versichert ihm Ralf Schnörr.

Mit der Rückzahlung der Corona-Soforthilfen sieht sich Volker Baumann von der Politik nicht so unterstützt wie die Großindustrie. Was seinen Friseurbetrieb zudem belaste: der hohe Bürokratieaufwand. „Was da von einem Betrieb gefordert wird, ist völlig praxisfremd“, sagt er. Auch der erhöhte Mindestlohn sei für den Betrieb eine Herausforderung, beklagt er. „Für die Endverbraucher bedeutet das höhere Preise. In Großstädten sind die leichter zu realisieren.“ Volker Baumann ist seit 25 Jahren in Tauberbischofsheim selbstständig und führt den 1923 gegründeten Familienbetrieb weiter. Der Friseurberuf ist für ihn ein „schönes und attraktives Handwerk“.

Keine Nachwuchsprobleme

Architektin Marina Zeitler und Schreinermeister Daniel Zeitler von Zeitwerk-Design in Tauberbischofsheim richten den Fokus auf die Zukunft des Handwerks. „Wir haben keine Nachwuchsprobleme“, sagt Marina Zeitler. Die Schreinerei ist seit der Gründung 2016 in den sozialen Netzwerken unterwegs. In den Posts auf Instagram zeigt das Unternehmen, dass Handwerk Spaß macht. Bewerbungen bekommen die Zeitlers immer wieder auch von Studienabbrechern und Abiturienten. Aus ihrer Sicht muss in den Schulen noch viel mehr Aufklärungsarbeit über die Arbeit sowie die Karriere- und Verdienstmöglichkeiten im Handwerk geleistet werden. Auch Eltern müsse gezeigt werden, dass das Handwerk attraktive Ausbildungs- und Karrierewege bietet.

2019 hat das kreative Paar die Räume einer Schreinerei mit samt Personal übernommen und das Geschäft völlig neu aufgebaut. Trotz vieler Hürden und Stolpersteinen ist der Betrieb gut durch Corona gekommen, ist weitergewachsen und sucht nun ein größeres Areal. Ein Grund für das dynamische Wachstum ist die attraktive Online-Präsenz des Betriebes, sind die Inhaber überzeugt. „Wir bekommen Aufträge aus ganz Deutschland“, sagt Daniel Zeitler. „Wir sind mit unseren Kunden auf Augenhöhe und in ständigem Austausch“, erklärt der Schreinermeister. So entstünden passgenaue Einzelstücke. Im Rückblick hätte sich das Paar mehr Unterstützung von den Banken und Behörden gewünscht. „Als Newcomer mussten wir einige Extrarunden drehen und bekamen nicht gerade günstige Konditionen“, beklagt sich Marina Zeitler.

Handwerk am Puls der Zeit

Joachim Kossowski hat seinen Betrieb Kotherm Bad und Heizung aus dem Nichts aufgebaut. Der gelernte Maschinenbauer, Installateur und Heizungsbauer hat mit einer Garagenfirma im Nebenerwerb in Lauda-Königshofen vor rund 30 Jahren begonnen. Heute beschäftigt er 18 Mitarbeiter. Joachim Kossowski ist immer am Puls der Zeit. So ist er nach der Jahrtausendwende auf den Solar-Boom aufgesprungen und hat mit der neu gegründeten Firma Kosol New Energy begonnen, Photovoltaik- und Solarthermieanlagen zu installieren. „In Abu Dhabi beispielsweise haben wir 2011 das größte Wärmekraftwerk der Arabischen Emirate gebaut“, erzählt er stolz. Erneuerbare Energien sind aus seiner Sicht heute unabdingbarer Bestandteil der Gebäudetechnik und gehören daher zum Geschäftsmodell von SHK-Betrieben.

Schon früh investiert Joachim Kossowski in eine digitale Lagerverwaltung. Die Investition rechnet sich schon nach vier Jahren. Digitalisiert ist auch die Terminplanung. „Schon im ersten Gespräch legen wir einen Termin mit den Kunden fest. Und den halten wir dann auch ein“, sagt Joachim Kossowski. Im kommenden Jahr will das Unternehmen die Vier-Tage-Woche einführen. Der Kundendienst soll trotzdem an fünf Tagen besetzt sein. „Alles nur eine Frage der Planung und Organisation“, kommentiert der Installateur. Sorgen macht ihm die überbordende Bürokratie. Rund 30 Prozent des Tagesgeschäfts beanspruchen Genehmigungen, Formulare, Datenschutzerklärungen. „Für eine Heizlastberechnung sitze ich einen Tag im Büro“, sagt Sohn Timo Kossowski. Die Weichen für die Nachfolge hat Joachim Kossowski bereits gestellt. Sohn Timo und Tochter Verena sind bereits im Unternehmen engagiert und wollen den Betrieb gemeinsam weiterführen. Wie ihr Vater sehen sie ihre Zukunft im SHK-Handwerk. „Der Beruf ist vielfältig, aber die Wertigkeit wird in der Öffentlichkeit nicht gesehen“, bedauert Timo Kossowski. Während Klassenkameraden noch studieren, übernimmt er Verantwortung und verdient schon gutes Geld.