Zwei Betriebe aus der Region berichten über ihre Erfahrungen mit Mehrweg-Pfandsystemen. Mit Mehrweg aus den Müllbergen
Das Mitnahme-Geschäft von fertigen Speisen ist auch für viele Betriebe im Lebensmittelhandwerk ein wichtiges Standbein. Das "Essen to go" hat aber eine Kehrseite: Die Müllberge aus Verpackungen wachsen.
Verpackungen reduzieren
Dabei ist politisch genau das Gegenteil gewollt. Bereits 2019 trat ein neues Verpackungsgesetz in Kraft, das Einweg-Verpackungen reduzieren soll. Ab 2023 sind Betriebe etwa verpflichtet, Mehrweg-Verpackungen für Essen zum Mitnehmen anzubieten. Einige Handwerker haben diese bereits im Einsatz. „Ich hatte von Anfang an den Gedanken, durch Mehrweg-Behälter den Verpackungsmüll im Betrieb zu reduzieren“, erklärt Rolf Kriegl. Der 33-Jährige hat vergangenes Jahr die Metzgerei zum Wilden Mann in Künzelsau übernommen. Seit Oktober können seine Kunden die Mehrwegboxen von „Hohenlohe to go“ für ihren Einkauf nutzen.
Regionale Förderung
Zwischen 30 und 35 Euro pro Monat kostet das Pfandsystem normalerweise. In Hohenlohe übernehmen allerdings die Sparkasse und die Wirtschaftsinitiative im ersten Jahr die Kosten, um das regionale System zu fördern. „Ich hätte es vermutlich auch ohne die Förderung eingeführt. Schließlich kann so jeder etwas dazu beitragen, den Verpackungsmüll zu reduzieren“, betont Rolf Kriegl. Außerdem sei es auch eine gute Gelegenheit, Betriebsstrukturen zu überdenken. „Auch das Einpacken jeder einzelnen Wurstsorte kostet im Verkauf schließlich Zeit.“
Wenig Aufwand
Rund 200 Mehrweg-Boxen und Becher hat Kriegl in seiner Metzgerei. Diese werden gegen Pfand an die Kunden gegeben und können bei allen teilnehmenden Betrieben von „Hohenlohe to go“ zurückgegeben werden. „Nach Ladenschluss kommen sie in die Spülmaschine und sind am nächsten Tag wieder einsatzbereit“, erklärt Kriegl. Allerdings schrecke das Pfand von fünf Euro pro Box viele Kunden ab. Rund zehn Prozent nutzen das Angebot nach Schätzung des Fleischermeisters. Weitere zehn Prozent bringen eigene Behälter mit, die an einem festen Platz auf der Theke befüllt werden können. „Hinter die Theke darf aus hygienischen Gründen nichts“, so Kriegl. Deshalb ist ihm das Pfandsystem eigentlich lieber. Auch wenn er sich mehr Vielfalt bei den Größen der Behälter wünschen würde. Wichtig sei es auch, die Mitarbeiter mit einzubeziehen. „Sind sie nicht vom Mehrwert überzeugt, wird es nicht angenommen“, ist sich Kriegl sicher.
Vertretbare Kosten
Ulrich Tauberschmidt setzt in seinen drei Bäckereifilialen in Michelfeld, Gaildorf und Westheim bereits seit 2018 auf Mehrwegbecher für den Kaffee zum Mitnehmen. Der Landkreis Schwäbisch Hall startete damals mit einem eigenen Mehrwegbecher des Anbieters Recup. Der Bäckermeister stieg wie mittlerweile mehr als 50 andere Partner im Landkreis ein. „Ich hatte sowieso nach einem passenden System gesucht“, berichtet Tauberschmidt. Überzeugt haben ihn der günstige Preis des Pfandsystems gegenüber einer individuellen Lösung sowie die weite Verbreitung des Anbieters in ganz Deutschland. Die Systemgebühren liegen zwischen 20 und 50 Euro pro Monat. Der Aufwand für die Bestellung und Lagerung halte sich ebenfalls in Grenzen. „Wir haben jeweils 20 bis 30 Becher in den Filialen und immer eine größere Menge im Lager. Wird das leer, bestellen wir nach“, erklärt er. Allerdings sei die Nachfrage der Kunden nicht so hoch, dass das häufig vorkommt.
Nachfrage noch gering
Nur rund fünf Prozent nutzen nach Tauberschmidts Schätzung derzeit die Pfandbecher. Dabei ist der Kaffee im Mehrweg-Becher sogar günstiger als in der Wegwerf-Variante. „Wir überlegen, die Mehrweg-Becher noch prominenter zu platzieren, um mehr zu überzeugen“, sagt Tauberschmidt. Allerdings wollten die Kunden nach den Erfahrungen seiner Mitarbeiter auch nicht immer wieder gefragt werden. Mit eigenen Bechern kämen Kunden dagegen eher selten. Die gebrauchten Pfandbecher zurückzunehmen und neu auszugeben ist für ihn aufgrund der Hygienevorgaben ohnehin die bessere Variante. „Ich würde dabei auch immer auf ein gängiges System setzen“, rät Tauberschmidt. Deshalb möchte er auch noch die Schalen des Anbieters, die sogenannten Rebowls, für Salate ausprobieren.
Mehrweg-Pflicht im Verpackungsgesetz
Seit dem 1. Januar 2023 sind Anbieter verpflichtet, Mehrwegbehältnisse für Essen und Getränke zum Mitnehmen und Bestellen als Alternative zu Verpackungen aus Einwegkunststoff anzubieten. Davon ausgenommen sind kleine Betriebe mit weniger als fünf Beschäftigten und maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche. Diese Betriebe müssen Kunden dafür allerdings ermöglichen, mitgebrachte Behältnisse zu nutzen und auf diese Möglichkeit auch hinweisen.