Pressemitteilung der Handwerkskammer vom 22. November 2023Vollversammlung senkt Grundbeitrag
90 statt 130 Euro: Die Vollversammlung der Handwerkskammer beschloss bei ihrer Herbstsitzung die Senkung des Grundbeitrags für ihre Mitgliedsbetriebe. "Die Reduzierung des Kammerbeitrags kommt vor allem den kleinen Betrieben zu Gute. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bringt er eine Entlastung", sagte Kammerpräsident Ulrich Bopp. Der Vorstand habe das Für und Wider sorgfältig abgewägt. "Das ist der Richtige weg und ein gutes Signal nach außen", so Bopp. Dem stimmten auch die Vollversammlungsmitglieder zu und votierten mit großer Mehrheit für die Beitragssenkung. Vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg gab es Lob für diesen Schritt. Daneben fasste die Vollversammlung unter anderem Beschlüsse zum Jahresabschluss 2022, zum Wirtschaftsplan 2024 und der Entschädigungsordnung.
Bopp besorgt über Lage im Bausektor
Viele Handwerksbetriebe hätten es im vergangene Jahr nicht leicht gehabt, verdeutlichte Bopp in seinem Grußwort. Die Stimmung sei nach wie vor "eher verhalten als optimistisch", sagte Bopp. In einigen Branchen gebe es aber durchaus Lichtblicke, insbesondere bei denen, die an der Energiewende mitarbeiten wie etwa im Elektrohandwerk oder bei SHK-Betrieben. Sorgenkind sei aber nach wie vor der Bausektor. "Viele Bauunternehmen und Betriebe im Ausbaugewerbe stehen vor einer ungewissen Zukunft und wissen nicht, ob sie das nächste Jahr überleben." Die Zahl der Baugenehmigungen sei dramatisch zurückgegangen. Es sei daher unabdingbar, dass die Politik schnellstmöglich gegensteuert und die Rahmenbedingungen für die Handwerksbetriebe deutlich verbessert. Sonst würde "eine starke wirtschaftliche Säule sehenden Auges an die Wand gefahren", empörte sich Ulrich Bopp.
Fachkräftemangel als größte Herausforderung
Nach wie vor ist der Fachkräftemangel eines der drängendsten Probleme im Handwerk, führt Bopp aus. Die Handwerkskammer habe in den zurückliegenden Monaten einiges unternommen, um junge Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, beispielsweise in Form von Projekten aus Indien, Nepal oder Usbekistan.
Ina von Cube, Ministerialrätin im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, skizzierte in ihrem Grußwort die drei großen gesellschaftlichen Herausforderungen: Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung. Um diese Probleme anzugehen brauche es Fachkräfte. Sie betonte, dass dem Handwerk bei der gesellschaftlichen Transformation eine zentrale Rolle zukommt. Auch Arbeitnehmervizepräsident Markus May machte den Fachkräftemangel zum Thema seiner Ausführungen. Er hatte dabei besonders die Auszubildenden im Blick. "Fachkräftegewinnung beginnt am Besten mit der Gewinnung von Auszubildenden", sagte May.
Erhöhung des Bürgergelds macht manche Branchen unattraktiv
In der anschließenden Aussprache blieb der Mangel an Fachkräften das zentrale Thema. Harald Hohl, Obermeister der Fleischerinnung Heilbronn-Hohenlohe, berichtete der Vollversammlung von einer neuen Kampagne, der sich gezielt an Eltern richtet. Diese käme sehr gut an, sagte Hohl. Er selbst habe dadurch schon einen Praktikanten für seinen Betrieb gewinnen können. Dr. Bruno Jans wünschte sich von der Politik mehr Förderprogramme für Menschen ohne Abschluss oder aus dem Ausland, um diese für eine Ausbildung im Handwerk zu qualifizieren. "Sie brauchen Zugang zu Abendschulen oder Wochenendkursen."
Schwäbisch Halls Kreishandwerkermeister Ulrich Stein gab zu bedenken, dass es nicht damit getan sei, junge Menschen zu einer Ausbildung im Handwerk zu bewegen. "Auch die Betriebe sind gefragt, die Vorrausetzungen zu schaffen, damit die jungen Menschen auch nach ihrer Ausbildung im Betrieb bleiben wollen." Ein Problem für das Handwerk sah Andreas Hemmerlein auch in den höheren Sozialleistungen. In einigen Branchen würde es sich kaum noch lohnen zu arbeiten, weil den Menschen mit Bürgergeld fast genauso viele Mittel zur Verfügung stehen, kritisierte der Lauffener Metallbauermeister.
Weniger Azubis im Handwerk
Kerstin Lüchtenborg, Abteilungsleiterin Berufsbildung bei der Handwerkskammer, gab der Vollversammlungen einen Einblick in die aktuelle Ausbildungssituation. Zum Ausbildungsstart im September konnte die Handwerkskammer im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus verzeichnen. Auch wenn derzeit noch vereinzelt Ausbildungsverträge geschlossen würden, ging Lüchtenborg trotzdem davon aus, dass sich 2023 weniger junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden als noch 2022.
Johannes Richter, Leiter des Bildungs- und Technologiezentrums der Handwerkskammer, hatte erfreuliche Nachrichten im Gepäck. Nach mehreren Verzögerungen wegen Lieferproblemen konnte die neue Multifunktionswerkstatt mit einem Meisterkurs der Zimmerer Anfang November in Betrieb genommen werden. Die Erweiterung des Parkplatzes sei ebenfalls abgeschlossen. Auf der Zielgerade befände sich der Bereich für die Friseure in der Multifunktionswerkstatt, für die derzeit drei mobile Haarwaschplätzen und ein Färbelabor eingebaut würden, erzählte Richter.
Jürgen Hohl mit silberner Ehrennadel ausgezeichnet
Zum Schluss der Vollversammlung wurde Jürgen Hohl für seine Verdienste mit der Silbernen Ehrennadel der Handwerkskammer Heilbronn-Franken geehrt. Der Klempnermeister, Gas- und Wasserinstallateurmeister sowie und Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister aus Obersulm engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für die Belange des Handwerks und ist seit 1999 Mitglied der Vollversammlung.