Interview mit Ralf Rothenburger„Wir brauchen die bestmöglichen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit“

100 Tage im Amt: Ralf Rothenburger, Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, spricht über seinen Start und seine Ziele.

Ralf Rothenburger, Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, steht vor der Handwerkskammer und blickt in die Ferne.
Natascha Lieber

Herr Rothenburger, Sie wurden am 17. September 2024 von der Vollversammlung einstimmig zum neuen Präsidenten der Handwerkskammer Heilbronn-Franken gewählt. Wie gut haben Sie sich bereits in Ihre neue Rolle eingelebt?

Aus meiner Sicht sehr gut. Durch mein 17-jähriges Engagement als Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Heilbronn-Öhringen und meine Tätigkeit im Vorstand der Handwerkskammer kenne ich schon viele Mitarbeiter der Kammer, in anderen Handwerksorganisationen oder auf politischer Ebene und bin beispielsweise auch mit der Gremienarbeit vertraut. Diese Erfahrung ist ein großer Vorteil, denn ich musste mich nicht lange einarbeiten, sondern konnte sofort meine Ideen einbringen. Und das war für mich im Vorfeld auch ein Beweggrund zu sagen: Ich mache das!

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Präsident aus?

Als jemand, der vom Austausch lebt, ist es mir wichtig, viel Präsenz zu zeigen und viele Gespräche zu führen. Denn ich bin ein Freund davon, Themen gemeinsam im Team voranzubringen. In der Handwerkskammer stimme ich mich vor allem mit Hauptgeschäftsführer Ralf Schnörr und dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Achim Hofmann ab. Natürlich stehen auch viele repräsentative Termine und ein enger Austausch mit den Kreishandwerkerschaften und Innungen auf meiner Agenda. Gerade die Innungen stehen in ständigem Kontakt mit den Betrieben und nehmen als deren Sprachrohr eine bedeutende Rolle ein.

Der Beginn eines neuen Jahres ist oft mit neuen Zielen und guten Vorsätzen verbunden. Haben Sie welche?

Wir stehen als Handwerk vor den gleichen Herausforderungen wie seit Jahren. Ob Fachkräftemangel oder Bürokratisierung: Es ist höchste Zeit, dass wieder mehr auf die Machbarkeit geschaut und mit Weitblick entschieden wird. Einerseits habe ich die Hoffnung, dass die neue Bundesregierung – in welcher Konstellation auch immer – dies auch umsetzen wird. Andererseits können wir uns als Handwerkskammer nicht darauf verlassen, sondern wollen mit unseren Experten unsere über 12.700 Mitgliedsbetriebe unterstützen und ihnen dabei Wege und Lösungen aufzeigen. Ich werde in den nächsten Wochen und Monaten verstärkt in den Dialog mit den Betrieben und den einzelnen Abteilungen der Handwerkskammer treten, um herauszufinden, welche verborgenen Potenziale wir in Zukunft gewinnbringend nutzen können.

Es ist höchste Zeit, dass wieder mehr auf die Machbarkeit geschaut und mit Weitblick entschieden wird.

Ralf Rothenburger, Präsident der Handwerkskammer Heilbronn-Franken

Sie haben bei Ihrem Amtsantritt die vier zentralen Themen Ausbildung und Fachkräftesicherung, Digitalisierung und Innovation, Bürokratie sowie Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein definiert. Wie wollen Sie hier konkret Verbesserungen anstoßen?

Wir schauen ständig, welche Hebel wir in Bewegung setzen können, aber wir müssen mit Augenmaß vorgehen. Ein Beispiel ist das Thema Künstliche Intelligenz. Das Handwerk hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass es Tradition und Moderne sinnvoll miteinander verbinden kann. Wichtig ist, Technologien dort einzusetzen, wo sie auch einen Mehrwert bringen. Ein weiteres Thema, das mir besonders am Herzen liegt, ist die Ausbildung. Denn wir müssen wieder mehr Menschen für das Handwerk begeistern. Hier hatte Andreas Hemmerlein von der Innung Metallbau und Feinwerktechnik Heilbronn eine tolle Idee, mit der wir die Präsenz des Handwerks in den regionalen Schulen erhöhen wollen, die ich sehr unterstütze. Deshalb haben wir in der vergangenen Vollversammlung eine Ausbildungsoffensive beschlossen, mit der wir die Attraktivität des Handwerks steigern und seine Wahrnehmung verbessern wollen.

Sie wurden von der Vollversammlung für eine Amtszeit von 2024 bis 2029, also für fünf Jahre, gewählt. Was ist Ihre Vision für diese Zeit?

Es geht darum, die bestmöglichen Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Dafür brauchen wir das Handwerk. Beispielsweise können die Energiewende und der Einsatz klimafreundlicher Technologien nur mit einem starken und funktionierenden Handwerk gelingen. In Deutschland arbeiten rund 5,6 Millionen Menschen im Handwerk. Dass wir die Wirtschaftsmacht von nebenan sind, ist nicht nur ein Werbeslogan, sondern die Realität. Und mit diesem Bewusstsein müssen wir ein Selbstverständnis entwickeln, mit dem wir das Handwerk auch in der öffentlichen Wahrnehmung besser positionieren. Wir müssen wieder lauter und selbstbewusster sagen können: Wir sind das Handwerk und wir sind stolz darauf. Meine Vision und zugleich mein großer Wunsch ist es, in den kommenden Jahren zu dieser Entwicklung beizutragen.

Zu guter Letzt: Warum wird 2025 ein gutes Jahr für das Handwerk?

Die großen Stärken des Handwerks sind unsere Tugenden und unsere Flexibilität, die uns schon immer ausgezeichnet und Sicherheit gegeben haben. Aus schwierigen Zeiten ist das Handwerk immer gestärkt hervorgegangen und das wird auch diesmal so sein. Das Handwerk war schon immer der Motor der Wirtschaft und wird auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine Schlüsselrolle spielen. Deshalb bin ich sicher und fest davon überzeugt, dass das Jahr 2025 ein gutes Jahr für das Handwerk sein wird.